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Krumm und Schiefer 2024


Unterwegs im Thüringer Wald – Ein Tourbericht in vier Kapiteln



Kapitel 1 – Der fliegende Holländer


Diese Geschichte begann an einem Samstag im Herbst 2024. Die Hitzeperiode hatte gerade ihr abruptes Ende gefunden, als der fliegende Holländer äußerst pünktlich um neun hundert morgens vor meiner Haustür in Wuppertal landete. Der fliegende Holländer war natürlich kein fliegendes Schiff, sondern das neue Auto von Onkel Tom, welcher gut gelaunt ausstieg und mich mit einem „Glück Auf“ freudig begrüßte. Während ich noch seinen neuen Geländewagen begutachtete, ich sah ihn nun zum ersten Mal in echt, verschwanden meine drei Gepäckstücke in dem geräumigen Kofferraum. Klasse, endlich mal viel Platz. Da ich die Vorgeschichte vom Autokauf kannte, und der Wagen nun mal in Holland gekauft wurde, bekam er spontan den Namen „der fliegende Holländer“ verpasst. Fliegen kann er nicht wirklich, aber fast. Die Ausstiegshöhe verstellte sich fast wie von selbst je nach Geländelage oder je nach Beinlänge oder Bierkonsum der Insassen. Der Sound der Anlage war einfach klasse, und wenn man wollte, wurde bedingt durch die Sitzheizung der Arsch wärmer als bei Gina Wild zu ihren Bestzeiten. Während wir zum nächsten Zwischenstopp auf unserer Reise nach Thüringen fuhren, erzählte Onkel Tom mir nochmals die Geschichte vom Autokauf in Holland. Je schwerer die Autos, oder die Insassen, sind, desto mehr Steuern müssten auch bezahlt werden. Oder sowas in der Art. Das erklärt auch die ganzen kleinen Schrottkarren in den Niederlanden. Und was ist mit den kleinen Häusern? Egal. Ich hatte nach der ganzen Geschichte folgendes Bild im Kopf:

Beim Kauf des fliegenden Holländers musste ich natürlich sofort an die Sendung „Der Preis ist heiß“ denken. Der dauergrinsende Moderator Harry Wijnvoord stand in seinem schlecht sitzenden Anzug und mit viel zu kleinem Mikrofon in seiner Hand vor einem überdimensionalen Drehteller, auf welchem sich das Auto befand, und versuchte das Publikum von den vielen, vielen Vorzügen zu überzeugen. Während er seine Schwabbelbacke mit Schnäuzer vor die Kamera hielt, drehte sich im Hintergrund das wunderbare Auto. Neben dem Geländewagen stand die Blondine Linda de Mol in schwarzen Strapsen, passend zur Farbe des Autos, und streichelt, sich erotisch reckend und grinsend, die Motorhaube des Flitzers. Und in Mitten des Publikums saß unser Onkel Tom und rief laut „ja, ich will“, haha. Die gute Linda de Mol hoffte schon auf ein neues Abenteuer mit dem gutaussehenden Onkel Tom, doch dieser war leider nur an dem Auto interessiert und nebenbei auch schon vergeben.

Der nächste Zwischenstopp unserer Fahrt war in der Nachbarstadt Solingen vorgesehen. Dort wartete unser Freund und Chili-Züchter Motte schon auf uns. Wir fuhren über Wuppertal-Cronenberg in Richtung Solingen, und weil die Stadt Solingen sowas von unübersichtlich ist, durfte das bordeigene Navi des fliegenden Holländers sich auch mal zu Wort melden. Das Navi erzählte uns kurz vor einer T-Straße in Solingen was von „halb links in Richtung Es Ge Merscheid“. Was zum Kuckuck sollte halb links sein, und warum wird Solingen mit „Es Ge“ abgekürzt? Wir fanden es auf jeden Fall ziemlich witzig, so dass „halb links Richtung Es Ge Merscheid“ zum Kalauer der Fahrt wurde. Auch später im Thüringer Wald mussten wir ziemlich oft halb links in Richtung SG Merscheid abbiegen. Nachdem wir Motte mitsamt seiner Ausrüstung, einem Fass Bier, welches genau neben der Kiste Fiege von Tom Platz nehmen musste und einer Auswahl seiner Chili-Schoten in den fliegenden Holländer eingeladen hatten,  konnte der größte Abschnitt unserer Reise beginnen. Gut über fünf Stunden Fahrt lagen vor uns. Wir hatten uns mit den anderen um 16.00 Uhr an der Ferienwohnung bei Saalfeld in Thüringen verabredet. Stau gab es diesmal nicht, obwohl wir damit gerechnet hatten, aber die vielen Baustellen auf Hitlers Autobahnen waren schon echt nervig. Die erste kleine Pause wurde irgendwo bei Siegen, auch ein schöner Urlaubsort für Montanhistoriker und Befahrer, gemacht. Auf 500 Höhenmetern, und Dieses wird später in diesem Bericht noch eine besondere Bedeutung haben, gab es das erste Kaltgetränk für uns drei. Zwei Stunden später, etwa gegen Mittag, trieb uns der Hunger zu einem beschissenen Fast-Food-Tempel irgendwo in Hessen, wo wir eine längere  Pause einlegten und ein paar nicht leckere Hamburger aßen. Gesättigt, aber nicht befriedigt, fuhren wir weiter und streckten nach kurzer Fahrt dem Schild „Willkommen in Thüringen“ am Fahrbahnrand unsere wohlgesinnte Pommesgabel entgegen. Noch lagen wir gut im Zeitplan. Doch als wir kurz nach Gotha die Autobahn verließen und von nun ab über das Land fuhren mussten, fing das Navi an zu spinnen. Halb links Richtung SG Merscheid war noch Okay. Aber das Navi erzählte uns nur noch Quatsch, wir durften eine ehemalige, jetzt einspurige Straße, auf einen Berg bei Stadtilm hinauf fahren, in den Büschen wenden und wieder hinunter fahren. Das einzig Gute daran war, dass wir wieder ein paar neue Lost Places gesehen hatten. Eigentlich war die halbe Stadt ein großer Lost Place. Der Solidaritätsbeitrag von uns Wessis scheint hier nach 25 Jahren noch nicht angekommen zu sein. Später dann waren wir laut Navi etwa 20 Meter neben der Straße, auf der wir gerade fuhren, und riet uns zum Wenden auf. Dieses hatten wir aber einfach so lange ignoriert, bis uns ein Glücksmoment in Form eines simplen Schildes mitteilte, dass wir genau richtig waren. Auf dem Schild war die Aufschrift „Saalfeld 23 Kilometer“ zu lesen. Über Rudolstadt ging es über die Schnellstraße zügig nach Saalfeld, und dort kannte ich mich wieder gut aus. In Saalfeld und der Umgebung war ich ja bestimmet schon zehn mal. Die Ankunftszeit von 16.00 Uhr an der Ferienwohnung haben wir nur um läppische 20 Minuten verpasst. So gut waren wir selten in der Zeit. Herr Alterbergbau saß auf der Veranda und trank ein Bier, als wir auf den Hof fuhren. Nur unser Svenska fehlte noch. Aber auch er kam ein paar Minuten später am Zielort an. Endlich waren wir wieder (fast) alle zusammen und der Urlaub konnte beginnen. Klaus, unser Vermieter der Ferienwohnung, hatte einen neuen Grill besorgt, welcher uns zur Einweihung überlassen wurde. Vielen Dank dafür. Wir machten uns in der Ferienwohnung breit und fühlten uns nach 15 Minuten schon wie zu Hause. Okay, wir waren nicht zum ersten Mal dort, deshalb das vertraute Gefühl, und nur wenige Minuten später wurde die letzte Autofahrt an diesem Samstag durchgeführt. Sie führte uns zu dem örtlichen Diska-Markt, wo wir uns mit reichlich Saalfelder Bier und Thüringer Roster eindeckten, um den ersten Abend in Thüringen gemütlich feiern zu können, und über den morgigen Sonntag zu kommen. Schließlich lag eine anstrengende und erlebnisreiche Woche im Thüringer Wald noch vor uns…













Kapitel 2 – Die Halde an der Saale


Unter dem Schotenbucheintrag „Nummer 2 / Herbst 24 / Urheber: Onkel Tom“  ist Folgendes zu lesen: Halde an der Saale! (Kommentar während der Autofahrt, als wir irgendwo bei Saalfeld den Fluss Saale überquerten) Nur ein kleines lustiges Wortspiel, welches aber exakt unsere Aktivitäten der nächsten Tage beschrieb. Doch zurück zum Diska-Markt. Wir waren einige Mal vor Ort und es war immer wieder ein Erlebnis. Der Diska ist ein kleiner Discounter, in etwa mit unserem Netto vergleichbar. Es gibt das Standard-Sortiment an lebenswichtigen Artikeln, plus einigen regionalen Produkten wie die leckeren Thüringer Roster und das gute  Saalfelder Bier. Daneben aber auch die Billig-Plörre für die einheimischen Kurzarbeiter Null. Und so bot sich auch das lustige Bild für uns auf dem Parkplatz des Discounters.  Schon am frühen Morgen saßen einige Herren in Tarnklamotten gemütlich bei ein paar Bierchen zusammen. Genau wie bei uns am Hauptbahnhof. Ebenso die Handwerker diskutierten angeregt über ihre Arbeit und tranken dabei ihr Bierchen. Das gibt es wohl auch nur noch auf dem Lande. Egal, wir waren natürlich nicht immer nur beim Diska, denn ab und zu brauchten wir einfach mal mehr Auswahl, welche wir beim Kaufland in Saalfeld auch fanden. Nachdem jeder seinen persönlichen Schlafplatz in der geräumigen Ferienwohnung ausgesucht hatte, oder auch nicht, begann endlich der gemütliche Teil des ersten Tages. Der Grill des Vermieters wurde eingeweiht und eine nicht kleine Menge einheimischen Bieres getestet. Die ersten Roster wurden gegrillt, verspeist und einer mitgebrachten Kiste Fiege Bernstein wurde ebenfalls die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Da es am Abend immer empfindlich kalt wurde, zogen wir uns bald in die Wohnung zurück und planten die erste Tour für den nächsten Tag. Die beiden Letzten des ersten Abends waren Svenska und ich, und während der Rest unserer Bande schon schlief, tranken wir noch ein letztes Bierchen zusammen.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wackelte ich erstmal in die Küche und kochte Kaffee für alle. Jeder der mich kennt, weiß, dass ich spätestens 15 Minuten nach dem Aufstehen was essen muss und so schwitzte auch schön eine Tiefkühlpizza mit extra Knoblauch in dem Backofen vor sich hin, während ich meinen Kaffee schlürfte. Nach etwa einer Stunde, die Pizza war übrigens lecker, waren auch die anderen meiner Truppe wach und frühstückten erst einmal. Dieses war auch wichtig, denn an diesem Sonntag lag unsere erste Tour mal wieder in dem schönen Thüringer Wald vor uns. Nachdem wir alle unsere Ausrüstung eingepackt und uns Waldfein gemacht hatten, konnte es endlich los gehen. Die Autofahrt zum projektierten Parkplatz, wo wir in den vorigen Jahren auch schon ein paar Mal geparkt hatten, war kürzer als die Backzeit meiner morgentlichen Pizza. Nur bis zum ersten Stollenmundloch dauerte es etwas länger. Erst mussten wir noch die obligatorischen 500 Höhenmeter schaffen, haha. Ich nehme es mal hier kurz vorweg. Das mit den 500 Höhenmetern zog sich durch den ganzen Urlaub. Es wurde zwar kein Eintrag in das Schotenbuch, aber irgendwer frage im Laufe des Urlaubs immer wieder, ob wir die 500-Meter-Grenze schon erreicht hatten. Vor allem für unsere beiden Flachländer aus dem Ruhrgebiet, war das schon eine ungewohnte Höhe, welche manchmal den ein oder anderen schon zum Schwitzen brachten. Die magische Höhe von 500 Metern war allerdings keine Erfindung aus unserer Witzekiste, sondern fast alle ehemaligen Bergwerke im Thüringer Schiefergebirge befinden sich wirklich in etwa dieser Höhenlage. Die Berge sind natürlich noch höher, aber die oberste Sohle und die Tagebaue sind immerzu in dieser Höhe zu finden. Und wir arbeiten uns gerne, eigentlich fast immer, von oben noch unten, von alt nach neu, durch das Bergbaugebiet. Doch weiter im Text. Nach einer Wanderung von einer guten Stunde, standen wir nun endlich vor dem ersten Stollenmundloch. Normalerweise wäre jetzt hier die Zeit für das erste Bier gewesen, doch wir brachen unsere Tradition und suchten weiter, zumal der Stollen nur ein kurzer Suchstollen war. Danach fanden wir ein paar äußerst interessante Grenzsteine mit Schlägel und Eisen darauf, welche die einzelnen Grubenfelder markierten.  Eine weitere knappe Stunde später, fanden wir ein weiteres uns noch unbekanntes Stollenmundloch. Ich machte kurz den Vorturner, und kam grinsend wieder aus dem Berg heraus. „Lohnt sich, Befahrung, getz Bierchen“ waren meine Worte zu den anderen. Und ja, wir befanden uns genau in diesem Augenblick auf der Halde an der Saale.

Obwohl es am Morgen etwas geregnet hatte und auch ziemlich kalt war, kam jetzt gegen Mittag die Sonne durch und es war auch mit ca. 18 Grad auch recht angenehm, als wir auf der Halde an der Saale saßen und uns das leckere Bierchen schmecken ließen. Wir hatten echt Glück mit dem Wetter. Okay, ab und zu war ein wenig Regen, aber insgesamt war das Wetter doch recht gut mit viel Sonnenschein. Es wurde im Laufe der Woche sogar noch etwas wärmer. Da haben wir im September, oder auch im Mai, schon ganz andere Sachen in den Thüringer Bergen erlebt. Ein paar von uns konnten es kaum erwarten den Bergbaustollen zu erkunden, so dass sie entweder das Bierchen sehr schnell tranken, oder einfach mit in den Stollen nahmen. Nachdem wir alle den Stollen befahren hatten, ging es Schlag auf Schlag (Feistel?) weiter. Es lohnte sich eigentlich nicht wirklich die Ausrüstung zurück in den Rucksack zu packen, denn ab jetzt ging es Stollenmundloch nach Stollenmundloch. Immer im Wechsel zwischen bekannten Anlagen und neuen Funden. Zum Abschluss unseres ersten Tages in diesem Urlaub besuchten wir noch ein großes und imposantes Schieferbergwerk im Thüringer Wald. Da wir uns ja, wie oben schon erwähnt, von oben nach unten durchgearbeitet hatten, war es nach der letzten Befahrung an diesem ersten Tag nicht mehr sehr weit, und vor Allem nicht mehr sehr anstrengend, zurück zu unserem Auto. Nach einer kurzen Heimfahrt zur Ferienwohnung begann erneut der gemütliche Teil des Tages. Zum zweiten Mal. Erneut wurde der jetzt nicht mehr jungfräuliche Grill angefeuert und viele leckere Thüringer Roster gegrillt. Neben den hier nicht näher erwähnten Beilagen zur Bratwurst, wurden abermals mehrere Flaschen Saalfelder zum „Plöppen“ gezwungen. Der erste Tag konnte als voller Erfolg in mein nicht vorhandenes Tagebuch vermerkt werden. Wir haben einen wunderschönen Tag im Wald, in herrlicher Natur verbracht, acht Bergbaustollen und zwei Untertage-Verlagerungen befahren. Unsere zurückgelegte Wegstrecke lag bei knapp 15 Kilometern, 22.000 Schritten, wobei die Strecke laut GPS wie ein Teller Spaghetti aussah. Und so in der Art sollte es in den nächsten Tagen weitergehen. Abermals zogen wir uns gegen 22.30 Uhr von der Terrasse zurück in unsere Ferienwohnung und planten die Tour für den nächsten Tag. Oder sollte ich lieber schreiben, für die nächsten Tage. Den ersten Tag habe ich hier jetzt etwas ausführlicher beschrieben. Da sich die nächsten Tage sehr ähnelten, werde ich hier nicht mehr jeden einzelnen Tag beschreiben. Dieser Text würde dann einfach zu lang und umfangreich werden. Im nächsten Kapitel werde ich ein bisschen mehr über unsere Touren unter Tage eingehen. Ein bisschen was zum Thema „Thüringen unter Tage“ und was wir so alles gesehen haben. Im letzten Kapitel mit dem Namen „Rostbratwurst“ gibt es dann auch wieder was über den alltäglichen Kampf mit den ganzen Alltags-Kleinigkeiten und Anekdoten , für welche unsere lustige Gruppe doch recht anfällig ist.  Doch jetzt gleich nach dem zweiten Fotoblock geht es erst einmal mit Kapitel drei weiter. Viel Spaß.













Kapitel 3 – unter Tage in Thüringen


Jeder von euch Lesern, egal ob aus der Befahrer-Szene oder nicht, kennt sicherlich das Problem: Wie bekomme ich alles unter einem Hut. Wie mache ich es jedem recht. Egal ob es sich um eine Party, einem Besuch im Museum, oder nur einem Filmabend in geselliger Runde handelt, sobald mehr als nur zwei Personen eingeladen sind fangen die Probleme an. Irgendwer ist immer anderer Meinung. So sind die Erdenbewohner nun mal. Dabei sollte sich jeder Erdling, welcher mehr als ein Freund hat, sich glücklich schätzen und zufrieden sein. Aber Glück ist nur sehr schlecht zu erkennen und wird in der Regel nicht mehr wahr genommen. Okay, ich bin in der glücklichen Lage und habe gleich mehrere Freunde, welche ich alle sehr schätze. Und mit diesen Freunden bin ich echt gerne zusammen. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass wir jedes Jahr zusammen in den Urlaub fahren. Okay, ich nenne es mal Urlaub, aber von Erholung vom Alltag kann hier eigentlich keine Rede sein. Aber das ist eine andere Geschichte. Da wir hier in dem Kapitel „unter Tage in Thüringen“ sind kürze ich die Einleitung etwas ab. Bei dieser Tour waren wir zu fünft unterwegs. Fünf Freunde, allerdings alles unterschiedliche Persönlichkeiten, welche eine tolle Woche in Thüringen erleben wollten. Wir haben hier zwei Mal den sogenannten Altbergbaufreak, zwei Mal die U-Verlagerung Fans, wenn man es so nennen darf und ein Mal den „ist mir doch egal – Hauptsache unter Tage“ Typus. Und schon gehen die Probleme los, die eigentlich keine sind. Die allabendlichen Planungen für den nächsten Tag waren schon sehr anstrengend.  Zum Glück hatten wir auch diese kleine Hürde gemeistert, so dass wir im zum Schluss der Planung immer mehr Programm für den jeweiligen Tag zusammengestellt hatten, als wir wirklich schaffen würden.  Und das war auch gut so.

Thüringen ist auch wirklich das Paradies für jeden Montanhistoriker, U-Verlagerungs-Forscher und Wanderer, was wir in gewisser Weise auch sind. Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir für jeden Tag in der Woche mindestens fünf oder sechs Programmpunkte ausgewählt. Es waren entweder reine, ehemalige Schieferbergwerke, oder allerdings Schieferbergwerke mit geplanter Untertage-Verlagerung. Es war auf jeden Fall stetig sehr interessant. Auch wenn die Vorplanung manchmal ein bisschen, ich sag mal unkoordiniert, war, lief es unter Tage sehr professionell ab. Jeder passte auf jeden auf und die Fotografen machten eine Menge gute Fotos, weil jeder ohne Absprache wusste, was zu tun ist.  Da machte sich die jahrelange Erfahrung bezahlt. Und es ist immer wichtig, dass man sich auf seine Freunde verlassen kann. Jeder von meiner Gruppe kam auf seine Kosten. Wir erkundeten zahlreiche Bergwerke und einige Untertage-Verlagerungen in unserem Urlaub. Wir haben viele neue Sachen gefunden, erlebt, fotografiert, und befahren. Und das kann uns keiner mehr nehmen.

Doch vor dem „Rein“ kam immer das „Rauf“, und die vorhin schon angesprochenen 500 Meter Höhe mussten erst einmal geschafft werden. Hinzu kam immer, dass wir immer zu viel Gepäck dabei hatten. Schleppten wir alle eine Wathose mit durch den Wald, brauchten wir diese an dem Tag garantiert nicht. Aber wehe, die Wathosen blieben im Auto, dann konnte irgendwer mal eben die Dinger holen gehen, haha. Genauso verhielt es sich mit der Strickleiter oder dem Seilzeug. Ich erinnere mich noch gut an ein Stollenmundloch, welches nur auf einem sehr schmalen Weg, vielleicht 30 Zentimeter breit, zu erreichen war. Rechts Steilhang nach oben und auf linker Seite ging es steil nach unten. Ein falscher Tritt und guten Flug. Aber es hatte sich gelohnt. Wir fanden einen großen Thüringer Hohlbau voll mit alten Relikten und Überbleibseln aus dem Zweiten Weltkrieg. Ein anderes Mal befanden wir uns an einem uns bekannten Bergwerk, wir nahmen nur dieses Mal einen anderen Weg dorthin, und fanden direkt zwei neue, uns noch unbekannte Stollenmundlöcher. Auch diese Befahrung hatte sich gelohnt. Ich sollte vielleicht auch an dieser Stelle erwähnen, dass die ganze Truppe zwar gemeinsam unterwegs war, allerdings nicht haargenau das Gleiche erlebt hatte. Wenn wir zum Beispiel durch den Wald gingen und irgendwer von uns ein „neues“ Stollenmundloch gefunden hatte, fand sich immer jemand, der mal sich eben kurz seinen Helm auf den Kopf setzte und mit der Lampe in der Hand nachgeschaut hatte, ob es sich überhaupt lohnte. Bei einen kleinen Versuchsstollen oder Ähnlichem sind natürlich nicht alle gucken gegangen. Manchmal aber auch wollte jemand lieber Pause machen, oder sich einige übertägige Relikte anschauen. Jeder so, wie er wollte. Aber durchschnittlich waren wir alle pro Tag in Thüringen zwischen drei und sieben Mal unter Tage. Deshalb folgt jetzt auch hier an dieser Stelle ein kleiner Fotoblock von unseren Befahrungen und Erlebnissen über und unter Tage:













Kapitel 4 – Rostbratwurst


Eigentlich wollte ich mir während des Urlaubes Notizen machen und genau aufschreiben, wie viele Rostbratwürstchen in dieser Woche auf dem Bräunungsstudio gewendet wurden und in unsere Bäuche gewandert waren. Da ich dieses allerdings versäumt hatte, bleibt die genaue Zahl leider unbekannt. Aber es waren viele. Der einzige von uns, welcher keine einzige Roster gefuttert hatte, war Thorsten. Aber wer war Thorsten? Nun ja, Thorsten war leider unsichtbar und auch nur bei den ersten drei Tagen mit dabei, danach verschwand er für immer. Eine Erklärung dazu gibt es leider nicht. Aber kommen wir mal zu einem anderem Thema. Getränke. Es ist erwiesen, dass wir in dieser Woche in Thüringen acht (8!) Kisten Saalfelder Bier geleert hatten. Jawoll, wir tun was für die einheimische Industrie, aber daneben gab es auch andere Sachen zu trinken. Meistens Kaffee, Apfelschorle und vor allem viel Wasser. Und Letzteres hatten wir sogar mal eines schönen Tages in warm. Ist das nicht toll? Das war ja so. Wir fuhren morgens mal wieder zum Supermarkt um neues Bier, neue Roster und was wir sonst noch so brauchten, einzukaufen. Unser Svenska blieb in der Ferienwohnung und sollte/wollte was Leckeres zum Essen kochen. Nun, als wir losfuhren, saß Svenska vor seinem Laptop und war am Recherchieren. Als wir wieder da waren, saß er immer noch auf dem Sofa im Wohnzimmer vor seinem Laptop, wie in einer Zeitschleife gefangen. Auf die Frage hin, was es denn nun zu Futtern gibt, erzählte er uns stolz, dass er warmes Wasser vorbereitet hatte. Toll! Der Tag wurde trotzdem super. Genauso wie die anderen auch.

Während unserer gesamten Tour, ich spreche hier von den Wanderungen durch die Wälder, haben wir nur drei andere Personen gesehen. Zwei Wanderer auf einem Weg und einen einzelnen Mann, welcher sich auf einer tieferen Ebene zwischen den Halden mitten im Wald aufhielt. Gesehen hat er uns allerdings nicht. Ich beobachtete ihn eine Zeitlang. Der Mann, er hatte erstaunliche Ähnlichkeit mit Franz Wittich, setzte sich auf einen Baumstamm und rauchte eine Zigarette. Danach hatte ich das Interesse verloren und kümmerte mich wieder um andere Sachen. Und wenn wir Lust auf andere Befahrer und Urbexer gehabt hätten, wären wir bei der U-Verlagerung „Rotbutt“ sicherlich fündig geworden. Aber wilde Tiere hatten wir öfter gesehen. Am häufigsten waren es Rothirsche, welche uns ungläubig anglotzten und langsam davon strichen. Ihr Gedanke war bestimmt: Menschen? Hier im Dickicht? Booah, jedes Jahr die selbe Scheisse.

Kennt jemand von euch den Film: Indiana Jones Teil 3? Die Szene, wo alle den Abhang herunter gucken, wo Indiana mit dem Panzer abgestürzt ist. Alle sind voller Trauer bis Indi plötzlich wieder neben ihnen steht und auch herunter schaut. Fast das Selbe passiert uns auch immer wieder.
Wie so oft erkundete Motte einen Tagebau auf der Suche nach neuen Stollenmundlöchern. Wir warteten oben am Hang, verfolgten ihn mit unseren Blicken, bis er irgendwann nicht mehr zu sehen war. Und dann stand Motte plötzlich hinter uns und grinste in unsere verdutzten Gesichter. Er hatte wohl doch einen Stollen gefunden. Eine andere Geschichte handelte von dem handgeschnitzten Minischinken, welcher in Wirklichkeit ein Baumpilz war. Da er aber auch Thorsten hieß, hat niemand Notiz von ihm genommen. Darauf eine leckere Bratwurst halb links nach – ihr wisst schon.
Die letzte Geschichte, von der ich euch hier berichten möchte, spielte sich unter Tage ab. Wir waren mal wieder in einem uns bekannten Bergwerk unterwegs und wollten neue Bereiche erkunden. Also wagten wir den Abstieg und krabbelten eine unterirdische Schieferhalde (an der Saale) hinunter. Danach folgte ein unscheinbarer Schluf und darauf abermals eine Halde, welche wieder herauf gekrabbelt werden musste. Und Schieferhalden sind über Tage schon sehr gefährlich und nur mit Vorsicht zu genießen. Wie ein Blinder beim Gruppensex tasteten wir uns langsam die Halde hinauf um dann endlich im nächsten Thüringer Hohlbau zu stehen. Aber von dort aus ging es dann wieder aufrechten Ganges weiter durch die Stollen. Wir hatten Neuland betreten. Und fotografiert. Überglücklich fuhren wir wieder aus dem Bergwerk aus und machten uns auf den Weg zurück in unsere Ferienwohnung. Nur ein Gedanke war in unseren Köpfen zu finden: Jetzt ein schönes Bier und dazu eine Bratwurst!












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Text von Eismann, Fotos von Onkel Tom und Eismann
Unterwegs in Thüringen waren Motte, Svenska, Onkel Tom, Alterbergbau und Eismann.