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U-Verlagerung "Kauz" 

Geheime Flugzeugproduktion im Schee-Tunnel in Wuppertal-Nächstebreck

Der Schee-Tunnel im Wuppertaler Norden:

In einem stillgelegten Abschnitt der Rheinischen Eisenbahnstrecke 2713 befindet sich auf der sogenannten Kohlenbahnstrecke der Schee-Tunnel. 
Die Kohlenbahn verlief von Wuppertal im Süden über Sprockhövel bis nach Hattingen an der Ruhr. Der Tunnel verfügt über zwei einzelne Röhren. Die südlichen Tunnelportale befindet sich in Wuppertal-Nächstebreck, die nördlichen Tunnelöffnungen liegen schon auf Sprockhöveler Gebiet. Über dem Scheetunnel befindet sich ausser einigen wenigen Häusern und der Autobahn 46 kaum Bebauung. Der größte Teil besteht aus Wäldern, Feldern und Golfplätzen. Der Scheetunnel hat eine Gesamtlänge von 722 Metern. Im südlichen Drittel beschreibt der Scheetunnel eine leichte Rechtskurve, so dass man das Licht am Ende des Tunnels nicht sehen kann. Beide Tunnelröhren haben eine Höhe von 5,50 Metern. Der ältere, westliche Tunnel ist 5,10 Meter breit und wurde im Jahre 1884 fertig gestellt. Der östliche Tunnel, die spätere Produktionsröhre, wurde 1904 fertiggestellt und hat eine Breite von 4,90 Metern.  Beide Röhren des Doppeltunnels verlaufen parallel durch das Gebirge, wobei der Zwischenabstand zwischen den Tunnelröhren etwa 1,50 - 2,00 Meter beträgt. Die hufeisenförmigen Gewölbe der Tunnel wurden mit Ruhrsandstein augebaut. Da die beiden Tunnelröhren in einem größerem Querschnitt als heute noch zu sehen durch das Gebirge getrieben wurden, wurde die Zwischenräume zwischen dem Stollen und dem Natursteinmauerwerk mit Abraum hinterfüllt. In beiden Röhren beinden sich die Ausweichbuchten in einem Abstand von 20 Metern. Jeder Tunnel besitzt 68 Ausweichbuchten, wobei je die Hälfte in jeder Ulme eingebaut wurde. Sechs der Schutzbuchten wurden als Verbindungsstollen zwischen den beiden Röhren angelegt. Im westlichen Tunnel befindet sich unter der Sohle ein Entwässerungskanal, welcher die Wassereinbrüche in beide Richtungen ableitet. An den Sohlenrändern befinden sich kleine Entwässerungsgräben, die das an der Ulme herunter laufende Wasser sammelt und dem Hauptkanal in der Tunnelachse zuführt. 
Die Tunnelportale wurden mit Natursteinmauerwerk kustvoll gestaltet. Am südlichen Tunnelmundloch des Westtunnels wurde ein Sandstein mit der Aufschrift Schee-Tunnel aufgesetzt. Über den östlichen Portalen prangern die jeweiligen Erbauungsjahre, ebenfalls in schöner Steinmetzarbeit gefertigt. 
Befährt man heute den Schee-Tunnel, fallen einem sofort die schönen Sintergardinen im Inneren auf. Die Versinterungen befinden sich überwiegend in den Ausweichbuchten, da diesen nicht Ausgekleidet wurden und so einen schönen Blick auf das Gebirge ermöglichen. Obwohl der Tunnel relativ feucht ist, zeigt das Gewölbemauerwerk kaum Verwitterungserscheinungen. Einige Abschnitte des Scheetunnels, vor allem in der Oströhre wurden mit Spritzbeton ausgekleidet. Diese Spritzbetonschicht kam in bewehrter und unbewehrter Form zum Einsatz und hat eine Stärke von etwa 5 Zentimeter, wie einige bereits abgeplatze Stellen im Beton zeigen. 
Es befinden sich heute keine Gleise mehr in den Tunneln. In der westlichen Tunnelröhre findet man noch den originalen Bahnschotter, welcher zum Unterfüttern der Gleiskörper genutzt wurde. Im östlichen Tunnel hingegen ist die Sohle nur noch mit Sand und Schlacke belegt. Diese stammten noch aus der Zeit der Untertageverlagerung, zu der wir gleich noch kommen werden.
Ich bin zwar kein ausgebildeter Felsmechaniker, aber mein geübter Blick und meine semiprofessionelle Erfahrung läßt mich zum Entschluss kommen, dass der Scheetunnel sich noch in einem recht gutem Zustand befindet und nicht gefährlicher ist, als ein Winterspaziergang in der Elberfelder Nordstadt. 



Unterirdische Me262-Produktionsstätte in Wuppertal: Deckname "Kauz":


Wie schon oben in der Tunnelbeschreibung erwähnt, besteht die ehemalige U-Verlagerung Kauz aus einem bombensicheren Doppeltunnel und einigen Aussenanlagen, wie zum Beispiel einem Bunker, welcher zur Wasserversorgung der untertägigen Rüstungsfabrik diente.  
Befährt man von Wuppertal kommend den Schee-Tunnel, und zwar als erstes die Weströhre, befindet man sich in der bombensicheren Lagerhalle und dem Verladebahnhof der Untertage-Verlagerung. Hier wurden die Gleise nicht entfernt. Auch nach dem Krieg wurde der Westtunnel noch zeitweilig für den Zugverkehr genutzt. Betritt man durch eine der beiden Verbindungsräume den Paralleltunnel kommen wir der ehemaligen Produktionstätte schon ein ganzes Stück näher. 
Hier bot sich folgendes Bild:
In dem östlichen Scheetunnel waren keinerlei Anzeichen mehr zu finden, die auf eine Bahntrasse schlossen. Dafür fanden wir aber viele Reste von Einbauten der ehemaligen U-Verlagerung Kauz. Über die komplette Tunnellänge erstreckte sich im Zweiten Weltkrieg ein Kran unter der Decke. Die abgesägten Doppel-T-Stahlträger, an denen der Schwerlastkran hing, ragen noch aus den Wänden. Ausserdem fanden wir noch zahlreiche betonierte Einbuchtungen, Maschinensockel und die Räume der ehemaligen Be- und Entlüftungsanlagen der Untertageanlage. Die Ventilatoren waren nicht mehr vorhanden und die Luftdurchlässe vermauert. Die U-Verlagerung mit dem Decknamen Kauz war zur Endmontage der Düsenjäger Me 262 eingerichtet worden. Wie fast alle U-Verlagerungen, die in Eisenbahntunneln im Bergischen Land untergebracht waren, wurde auch in Kauz sehr früh schon produziert. Nach einer Bauzeit von etwa 3 Monaten konnte die Firma Homann aus Wuppertal-Vohwinkel im August 1944 mit ihrer Arbeit beginnen. Doch drehen wir das Rad der Zeit noch einmal ein Stück zurück und fangen im Mai des Jahres 1944 an:

Überall im Reich wurde fieberhaft nach bombensicheren Fertigungsstätten gesucht. In der ersten U-Verlagerungswelle wurde nur nach schon vorhandenen unterirdischen Räumen wie Bergwerke und eben Reichsbahntunnel ausschau gehalten. Und da das Bergische Land über eine Vielzahl von Tunneln verfügte, rückte auch der Scheetunnel als begehrtes Objekt in die Fängen des Jägerstabs. Da der Scheetunnel eine Überdeckung von 60 - 80 Metern Grauwacke besitzt, wurde er sofort zum Luftschutzbauwerk für ein Jägerstab-Projekt deklariert, so dass der möglichst schnelle Umbau zum Rüstungs-Tunnel beginnen konnte. 
Die Bauleitung der Baustelle "Schee-Tunnel" übernahm die OT-Einsatzgruppe "Hansa" aus Essen. Diese bekam den Auftrag vom sogenannten Jägerstab des Reiches und beauftragte wiederum das Oberbaubüro (OBB) in Düsseldorf mit den eigentlichen Umbaumaßnahmen im Reichsbahntunnel. Ziel der Arbeiten im Tunnel war es, eine Produktionsfläche von 8.000 qm zu erstellen. Die Geheimanlage im Bergischen Land bekam einen Decknamen aus der Vogelkunde, wie es bei (fast) allen U-Verlagerungen in Tunneln üblich war. Der Tarnname von der Produktionsstätte "Scheetunnel" war "Kauz". 
Zunächst wurde die Gleise von der im östlichen Tunnel entfernt. Die Sohle des Schee-Tunnels wurde mit Schlacke angefüllt, auf die nach dem Verdichten eine Betonsohle gegossen wurde. Die leicht erhöhte, betonierte Fläche verlief durch den gesamten Tunnel und sollte den sicheren Stand der Maschinen garantieren. 
Zeitgleich wurden die Stahlträger in die Ulme des Tunnels einbetoniert und das Barackenlager in einem Steinbruch vor dem Nordportal erbaut. (Lager Gennebeck) Die Stahlträger dienten als Aufhängung des Brückenkrans, welcher sich durch die gesamte Tunnelstrecke erstreckte. Danach erfolgte der Bauabschnitt für die Energieversorgung und die Be- und Entlüftung des Reichsbahntunnels. Jeweils an beiden Tunnelenden wurden die gegeüberliegenden Ausweichbuchten miteinander verbunden und in diese die Ventilatoren zur Wetterführung der unterirdischen Fabrik eingebaut. Zum Schluss der Baumaßnahmen wurden die Büros zwischen den Tunneln und die Ausweichbuchten zur Feinmechanik ausgebaut. In den beiden Verbindungsgängen und den angeschlossenen Räumen zwischen den beiden Tunneln befanden sich die Konstruktionsbüros, die Werkteilekontrollstelle und die Küchen der Fabrik. Die beiden Räume im Pfeiler zwischen den Tunneln befinden sich jeweils etwa 100 Meter vom Eingangsportal entfernt im Tunnel. 
Eine Trafostation war ungefähr in der Mitte des Osttunnels untergebracht. Sie transformierte den Starkstrom auf 220 bzw. 380 Volt herab. Der Standort der Trafostation ist heutzutage ebenfalls noch zu erkennen. Der Westtunnel diente in der Zeit der Rüstungsproduktion lediglich zur Ent- und Beladung der Bauteile für die Jagdflugzeuge. Die Arbeiten wurden von 400 Ostarbeitern (überwiegend Russen) durchgeführt. Diese mussten in einem Barackenlager in der Nähe des Nordportals wohnen. Die deutschen Vorarbeiter fuhren mit der Bahn direkt in die U-Verlagerung Kauz. Die Wasserversorgung wurde mittels einer Quelle und einem Wasserbunker, welche sich vor dem Südportal befanden, gewährleistet. Ob die beiden Tunnelenden zwecks der Trümmer- und Bombensicherheit schon im Jahre 1944 vermauert wurden, entzieht sich leider unser Erkenntnis. Die matten Wetter wurden mittels zwei sich an den Tunnelenden befindlichen Ventilatoren abgesaugt und durch Frischluft ersetzt. Ebenso die Winderhitzer und die Filteranlagen zur Staubreduzierung befanden sich hier. Sämtliche Bauarbeiten zur Be- und Entlüftung wurden von der Fertigungsfirma Homann durchgeführt. Die Reste der Wetterhaltungsmaschinen sind noch vorhanden. Ausserdem kann man in dem Osttunnel noch eine Vielzahl von verrosteten Metallteilen, Kabeln und Betonteilen aus dem Rüstungsbetrieb aus dem Zweiten Weltkrieg entdecken. 
Die eigentliche Produktion der Me262-Rumpfspitzen verlief wie am Fließband von Süden nach Norden in dem Produktionstunnel. Nach und nach wurden alle Komponenten an den am Brückenkran hängenden Korpus der Messerschmitt Me262 hinzugefügt, beziehungsweise anmontiert. Die letzte ausgebaute Ausweichbucht, kurz vor dem Tunnelmund im Norden, diente zur Kontrolle der fertigen Baukomponente. Waren diese in Ordnung, wurden sie abermals im Westtunnel auf einen Zug geladen und zur Endmontage nach Kahla abtransportiert. (U-Verlagerung Deckname "Lachs" - Endmontage, Produktion  und Startrampe der Me262 im Walpersberg)
Der verlagerte Betrieb war die Firma Homann aus Wuppertal. Diese hatte wirklich Glück, eine bombensichere Produktionsstätte in der Heimatstadt zu finden, beziehungsweise zugeschrieben zu bekommen, so dass die Transport- und Umbaukosten relativ gering ausfielen. Hinzu kam noch der kurze Anfahrtweg der werkseigenen Mitarbeiter, so dass alle Firmenangehörigen zu Hause wohnen bleiben konnten. 
Die Firma Homann wurde im Jahre 1902 in Wuppertal-Elberfeld gegründet und stellte unter der Leitung von Inhaber Willy Homann zunächst Gaskochgeräte und Öfen her. Später, im Jahre 1937, nach einem Neubau der Werksanlagen in Wuppertal-Vohwinkel stellten die Homann-Werke bereits Großkochanlagen her, die sie an amtliche Beschaffungsstellen, insbesondere an die Luftwaffe und das Heer lieferte. Im März 1940 stellte sich die Firma Homann dann komplett um: Sie fungierte nun als Rüstungsfabrik! Bis sie im Jahre 1944 in das "Jägerprogramm" des dritten Reiches aufgenommen wurde, stellte das Werk zunächst noch Bombenabwurfbehälter vom Typ "AB 36" her. Laut Kriegstagebuch des Rüstungskommandos Düsseldorf begann die Firma Homann ab Mai 1944 zusätzlich mit der Bombenproduktion. Im Stammwerk in Vohwinkel wurde die Blitzlichtbombe VL C 50 hergestellt. Danach wurde die Produktion von Teilen für den ersten flugfähigen Düsenjäger der Welt (Me 262) aufgenommen. Die Planungen und Vorentscheidungen zur Flugzeugproduktion durch die Firma Homann wurden im Februar 1944 abgehalten. Zu diesem Zweck trafen sich Willy Homann und Generalfeldmarschall Milch vom Jägerstab in Düsseldorf. Das Ergebnis war, dass die Firma Homann hervorragend geeignet zum Bau der Messerschmitt 262 sei und der neuen Luftwaffenfertigungsstätte "Werk Scheetunnel" nichts mehr im Wege stand. Die Homann-Werke kannten sich mit Metall bestens aus und hatten die erforderlichen Gerätschaften und Maschinen, um die vordere Hälfte der Me 262 zu bauen. Diese bestand nunmal nicht aus Leichtmetall, sondern aus Stahlblechen, welche die starken Belastungen durch den Luftdruck bei hoher Geschwindigkeit des Düsenjägers aushalten mussten.
Vorfinanziert wurde das Projekt duch die Messerschmitt AG. Zum Umbau erhielt die Firma Homann ein Darlehen in Höhe von 720.000 Reichsmark. 
Die Produktionsfläche der unterirdischen Fabrik hatte eine Größe von 8.000 Meter². Die von dem Jägerstab vergebene Konstruktionsnummer der U-Verlagerung Kauz war die Nr. 266, was den frühen Produktionsbeginn unterstreicht. Bewährt hatte sich die U-Verlagerung Kauz allemal, denn nach einem Bombenangriff auf den Wuppertaler Norden gegen Ende 1944 wurden keinerlei Schäden am und im Werk "Kauz" vermeldet. 
Fast acht Monate lang stand die Produktionsstätte "Schee-Tunnel" in vollem Betrieb. Danach, ende März 1945 wurde die Teile-Produktion des Düsenjägers Messerschmitt Me 262 der Firma Homann in ein riesigesEisenerzbergwerk bei Großkamsdorf in Thüringen verlegt. Diese unterirdische Rüstungsfabrik unterstand den Reimahg-Werken (Reichsmarschall Hermann Göring) und hatte den Decknamen "Schneehase"... Link



Eismann // u-verlagerungen.de // untertage-übertage.de, 2010/2019



Wasserbunker an der Nordbahntrasse



Wasserbunker



unterirdische Wasserversorgung für die Fabrik Kauz



Eingang



Schee-Tunnel



Südportal der U-Verlagerung Kauz



Stahlträgerreste vom Brückenkran im Tunnel



Produktionsröhre Scheetunnel



Büros und Durchgang zum Nachbartunnel



U-Verlagerung Kauz



Bereich der Endkontrolle



Reste der Wetterhaltung im Tunnel Kauz



Glück Auf!