u-verlagerungen.de

unterirdische rüstungsproduktion in wort und bild

 
 

U-Verlagerung „Schwalbe 5“ – Projekt „C1e“


Entlang der weißen Elster - auf der Suche nach den Resten der Untertage-Verlagerung C1e


Eine weitere geheime Geilenberg-Anlage zur synthetischen Flugzeugbenzinherstellung,  Projekt Schwalbe 5 (auch Schwalbe V), sollte nahe der Stadt Berga in Thüringen entstehen. In einem Steilhang wurden die Stollen für das unterirdisches Hydrierwerk in den Schieferkalk in den Berg getrieben. Die Steilwand und der steil ansteigende Berg, bestehend aus Kalk und Schiefer, bot mit bis zu 100 Metern Deckgebirge eine gute Bombensicherheit für die Geilenberg-Stollen.

Der Stollenneubau für die Dehydrieranlage auf Braunkohlenteer-Basis bestand im einzelnen aus 18 Parallel-Stollen auf der Südseite des Berges. Dazu kamen noch der sog. Nordstollen und ein Stollen als Sprengstofflager etwas außerhalb des H-Werks. Die Parallel-Stollen sollten mittels zwei Querstollen im Inneren des Berges miteinander verbunden werden. Einer der beiden Verbindungsstollen sollte bei Fertigstellung als doppelgleisiger Eisenbahnstollen zur Be- und Entladung dienen, den gesamten Berg durchqueren und durch den Nordstollen an das Reichsbahnnetz angeschlossen werden. Der geplante Nutzer des C-Projekts (Schwalbe 5 = C1e) sollte die Firma BRABAG (Braunkohle-Benzin-AG), mit Sitz in Zeitz, sein. Mit einer geplanten Produktionsfläche von 40.000 qm war das Projekt Schwalbe 5 in Berga an der Elsterschleife eine der größten geplanten Schwalbe-Anlagen überhaupt.

Bekannt war uns die Untertage-Verlagerung schon seit geraumer Zeit und stand schon lange auf unserer, vor allem auf meiner „da müssen wir hin-Liste“. Im Frühling 2011 war es dann endlich soweit: Genau 80% unseres Teams wagte sich mal wieder in den Thüringer Wald und stattete den Resten der Geilenberganlage einen Besuch ab. Michas Part, der leider nicht dabei war, wurde von unserem Reiseleiter Axel übernommen, der uns, ortskundig wie er nun mal war, mit einer saftigen Infomappe in der Hand durch die ehemalige Baustelle „Schwalbe V“ führte. Eigentlich war an diesem Tag noch eine weitere Exkursion durch die Drachenhöhle geplant, aber wenn wir uns schon einmal auf dem „Planet Geilenberg“ in unserer Galaxie befinden, kann die Tour schon mal ein „bisschen“ länger dauern als geplant. Natürlich konnten wir in der kurzen Zeit nicht wirklich alles sehen, was vor allen im erweiterten Umfeld noch zur U-Verlagerung C1e gehörte, doch wir werden bestimmt noch einmal wiederkommen und ich denke, unser Material reicht aus für diesen Bericht über das:


Eismann interessiert sich für den Steilhang an der Elster


Ehemaliges Stollenmundloch der U-Verlagerung Schwalbe V - verschlossener Blindstollen


Das unterirdische Geilenbergprojekt „Schwalbe 5“

Nachdem die Alliierten Luftangriffe ab 1944 verstärkt die Industriezweige aus dem Mineralölsektor galten und danach viele Hydrierwerke und Raffinerien ihre Produktion nicht mehr aufrecht erhalten konnten, gewannen die Fragen nach den Sicherungsmaßnahmen und der Aufrechterhaltung der deutschen Treibstoffherstellungsanlagen an kriegsentscheidender Bedeutung. Es musste also möglichst schnell gehandelt werden, denn ohne Treibstoffe läuft die „beste“ Kriegsmaschinerie nicht (weiter). Deshalb wurde am 30.05.1944 der Mineralölsicherungsplan, dass sogenannte „Geilenberg-Programm“, beschlossen. Leiter und Namensgeber war Edmund Geilenberg. Wie wichtig das Geilenbergprogramm war, zeigte sich vor allem nach den Alliierten Luftangriffen im Juli 1944. Denn danach waren 98 Prozent der übertägigen Flugzeugbenzinherstellung ausgefallen. Schon einen Tag, nachdem der Mineralölsicherungsplan beschlossen und abgesegnet wurde, wurde Edmund Geilenberg von Hitler persönlich beauftragt, die Deutsche Treibstoffherstellung in untertägige, bombensichere Stollen zu verlagern. Obwohl die erste U-Verlagerungswelle im Deutschen Reich schon seit Anfang des Jahres im Bau war und einige Untertage-Verlagerungen, speziell aus dem Jägerstab, schon in Produktion standen, dauerte es noch eine Weile, bevor das Geilenberg-Programm in geeignete Hohlräume und Stollen verlagert werden konnte. Die größte Schwierigkeit bestand sicherlich darin, geeignete Stollenanlagen zu finden. Schon seit Beginn Geilenberg-Programms waren die jeweiligen Bergämter damit beschäftigt, untertägige Räume und Bergwerksanlagen zu erkunden. Doch ohne Erfolg. Bis auf einige Geilenberg-Großprojekte von Typ „Dachs“, die in ehemalige Bergwerke und deren Erweiterungsstollen erbaut werden konnten, waren die vorhandenen Stollen für ein Projekt „Schwalbe“ einfach zu klein und/oder es fehlte an der nötigen Infrastruktur. Außerdem benötigte eine U-Verlagerung Schwalbe Unmengen von Wasser. Das Wasser wurde zur Kühlung der Hochdruckhydrierkammern benötigt. Nur ein kleiner Teil der Wasserversorgung sollte in die Produktion abgezweigt werden. Genauso wie die Wetterhaltung der Schwalbe-Anlagen. Deshalb wurden die Schwalbe-Anlagen auch mit so einer großen Anzahl von Stollenmundlöchern, bzw. Eingängen geplant und gebaut. Nur mal so nebenbei: Es ist natürlich Schwachsinn, dass es eine Schwalbe-Anlage im Sauerland mit nur zwei (!!) Zugängen gebaut, beziehungsweise geplant wurde, so wie in einigen Spaßbefahrer-Foren behauptet wird. Besonders ein großes NRW-Forum müsste meiner Meinung eigentlich eine gewisse Vorbildfunktion ausüben, aber... So, bevor ich gleich wieder ein Rüffel von meiner Kollegin Schlufine (vielen Dank), die dieses Geschreibsel Korrekturlesen musste, bekomme mache ich hier mal weiter im Text.

Im August 1944 war es dann soweit. Die ersten sechs Schwalbe-Anlagen wurden begonnen. Insgesamt sollten im Reich 10 Schwalbe-Anlagen gebaut werden, doch die Projekte Schwalbe 7-10 existierten im Jahreswechsel 1944/1945 mehr oder weniger nur auf dem Papier.

Da die Schwalbe-Anlagen ausnahmslos in Stollenneubauten untergebracht werden sollten, war es von vornherein wichtig, dass einige wichtige Kriterien zum Bau der U-Verlagerungen berücksichtigt werden mussten. Im Wesentlichen waren das das Vorhandensein eines Flusses und eines Bahnanschlusses. Wobei die Gleise gegebenenfalls noch umgelegt werden konnten, was bei einem Fluss nicht so ganz einfach möglich war. Hinzu kam noch die geologische Stabilität des Gebirges in dem die U-Verlagerung gebaut werden sollte. Das Deckgebirge sollte nach dem Einbau von 45 Meter hohen Kammern immer noch eine bombensichere Überdeckung von mindestens 40 Metern unzerklüfteten Gesteins haben. Am besten waren Kalk- oder Sandsteinbrüche für den Bau von Schwalbe-Projekten geeignet. Die werkseigene Stromversorgung und der vorhandene Maschinenpark begünstigte den raschen Stollenvortrieb in die vorhandenen Steilwände, wobei schon nach wenigen Metern die bombensichere Überdeckung gegeben war.


Beton im Wald - ehemaliges Kompressorfundament vor der Stollenanlage


Das Vorhaben „Schwalbe V“ sollte zuerst in einem Schieferbergwerk in Südthüringen untergebracht werden. Doch die geologische Situation in den Abbauhallen und Stollen der Grube ließ keine Erweiterung der Stollenanlage zu. Das Hangende war zu brüchig, so dass bereits ein Teil der Schiefergrube verbrochen war, als die Kommission der BRABAG die untertägigen Räume im August 1944 besichtigte. Ein neuer Standort musste also gefunden werden. Das Schieferbergwerk wurde allerdings kurze Zeit später doch noch als U-Verlagerung genutzt. Unter dem Decknamen „Molchfisch“ sollte die  Firma Gessner in der bombensicheren Schiefergrube ihre Kleingetriebefertigung aufnehmen.


Anfang September wurde es in dem kleine Örtchen Berga ernst. Im Auftrag der BRABAG erschienen erstmals Ingenieure, Markscheider und Mitglieder des Geilenbergstabs in Berga und untersuchten das Sandsteingebirge an der Elster. Anfang Oktober erschien Dipl. Ing. Nerge von der Brabag in Begleitung von Fachleuten in Berga um sich persönlich über die Gegebenheiten in Berga und die Gesteinslage des in den Ort hineinragenden Berges zu informieren. Ingenieur Nerge war vollkommen zufrieden, so dass das Projekt Schwalbe 5 nach einer Beratung am  03.10.44 in Probstzella beschlossene Sache war und sofort mit dem Bau begonnen werden konnte. Das Projekt Schwalbe V war von Anfang an ein SS-Projekt und nicht, wie andere U-Verlagerungen, der Organisation Todt unterstellt. Diese Besonderheit traf vor Allem auf einige C-Projekte zu.

Weitere SS-Projekte im Sektor Mineralölsicherungsplan: Dachs 1 (Deckname Para und A2) Dachs 2 (Deckname Zement), Kuckuck 1 (Deckname Zinnstein und B11) und Kuckuck 2 (Deckname Gneis und B17) Dies ist auch der Grund, warum die U-Verlagerung Schwalbe 5 keinen weiteren Decknamen erhalten hat, wie zum Beispiel die Anlage Schwalbe 1 den Decknamen „Eisenkies“ von der Organisation Todt erhielt. Und der Deckname „Schwalbe“ beschreibt lediglich den chemischen Prozess, in diesem Fall die unterirdische Herstellung von Düsenjägertreibstoff, welcher bei Fertigstellung des Hydrierwerks in den Stollen technologisch gesehen stattfinden sollte.


Das traurige "Gesicht" - Stollenmundloch 14 der U-Verlagerung Schwalbe 5


Am 01. Oktober 1944 wurde der Ratskeller in Berga von SS-Obersturmführer Willy Hack beschlagnahmt. Er erklärte dem Bürgermeister, dass er hier für alles verantwortlich sei und das das gesamte Gelände von nun ab der SS unterstellt sei. Offiziell wurde Willy Hack ab dem 06.11.1944 der Leiter der Baustelle „Schwalbe V“ in Berga. Zuvor hatte er sich einen Namen bei den U-Verlagerungen in Niedersachswerfen und Ellrich (U-Verlagerung Zinnstein) gemacht, bei denen er unter Anderem als Bauleiter tätig war. Willy Hack unterstand direkt dem SS-Obergruppenführer Hans Kammler, der wiederum Sonderbevollmächtigter des Reichsführers der SS und Leiter des A4 – Raketenprogramms war. (siehe auch U-Verlagerung Mittelwerk) Link


Kurz darauf wurde auch das Schloss Dryfels in Berga beschlagnahmt. In ihm kam die Bauleitung, die Montanblock Baustab GmbH der Reimahg-Werke (REIMAHG = Reichsmarschall Hermann Göring), unter. Leiter des Montanblocks war Professor Dr. Ing. Rimpl. Ab Februar 1945 wurde Rimpl von Architekt Fricke abgelöst. (Wilhelm Fricke war ein enger Freund von Hack, so dass Prof. Rimpl immer mehr und mehr von seiner Verantwortung abgedrängt wurde und Fricke komischerweise ab dem 04.02. 1945 seine Position übernahm.) Finanziert wurde das Bauvorhaben „Schwalbe 5“ durch die SS, welche die Gelder treuhänderisch zur Verfügung stellte. Auf dem SS-Treuhandkonto „Schwalbe 5“ war am 13.04.1945 ein Guthaben von 528.686,70 Reichsmark vorhanden. Die Gesamtkosten der Geilenberganlage wurde mit 20.000.000 Reichsmark veranschlagt, wobei schon rund 18.000.000 RM allein für die bergmännische Auffahrung der Stollenanlage benötigt und bereitgestellt wurde.

Die Gesamtplanung oblag dem Ingenieurbüro „Horst und Co., Böhlen“, wobei es sich hierbei um einen Decknamen der Firma BRAGBAG Zeitz handelte. Die bergmännischen Arbeiten wurden von den Firmen „Erzgebirgische Steinkohlenverein AG“ aus Zwickau und „Dyckerhoff und Widmann AG“ (Dywidag) koordiniert und durchgeführt. Der Anlagenbau wurde der Firma „Braun und Co.“ auferlegt, wobei „Braun & Co.“ ein weiterer Deckname der BRABAG Zeitz war. Hinzu kamen noch eine Vielzahl von kleineren Firmen, die zum Beispiel für den Brunnenbau, Transport, oder Tischlerei,- und Malerarbeiten zuständig waren.


Ein Blick in die geplante Hochdruck-Hydrier-Kammer der U-Verlagerung Schwalbe 5


In der Anfangszeit der Baustelle „Schwalbe V“, also Anfang November 1944, wurden die ersten Arbeiten, auch untertage, von Bergarbeitern aus Zwickau und dem Rheinland durchgeführt. Willy Hack wandte sich zeitgleich an die SS-Hauptverwaltung in Berlin um weitere Hilfskräfte zu bekommen. Die Hilfskräfte waren natürlich Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Die ersten 70 Häftlinge aus dem KZ Buchenwald trafen Mitte November 1944 an der Baustelle Schwalbe V ein. Zeitgleich entstand in Berga das Außenlager „Schwalbe 5“ des Stammlagers Buchenwald. Die Häftlinge wurden sofort auf der Baustelle „Schwalbe 5“, vorrangig im Stollenbau, eingesetzt. Weitere Häftlinge folgten. Neben den Arbeiten unter Tage waren es vor allem die Versorgungseinrichtungen, die erbaut werden mussten. Entlang des Ufers an der Elster wurden gut 12 Kilometer Schmalspurgleise verlegt. Dazu gehörte der Anschluss an das Reichsbahnstreckennetzes in Normalspur. Auch am Ufer der Elster wurden drei massive Baracken für die Büros und Unterkünfte der SS und des Planungsbüros errichtet. Dazu kamen noch 12 große Holzbaracken und eine Vielzahl kleinerer Unterkünfte. Ebenfalls im November begann auch die Demontage der Hydrieranlage in Tröglitz, welche in Schwalbe 5 wieder untertage aufgebaut werden sollte. Ab November 1944 wurde auf der Südseite des Berges mit dem Vortrieb von 18 parallel verlaufenden Stollen begonnen. Alle Stollen sollten bei Fertigstellung in einen großen Querstollen enden, in dem die eigentliche Hydrieranlage aus dem Stammwerk in Tröglitz untergebracht werden sollte. Ein zweiter Querstollen, am Kopf der Untertageverlagerung, sollte als Versorgungsstollen dienen. Dieser, der Kesselwagenstollen, sollte am nördlichen Ende des Berges zu Tage treten und mit dem Reichsbahnnetz verbunden werden. Der Nordstollen wurde zwar vorgetrieben, aber er erreichte nie das eigentliche Herz der U-Verlagerung Schwalbe 5. Schaut man sich die Tagesberichte der Baustellenleitung aus dem 02.12.1944 an, ist zu erkennen, dass für die zwei projektierten Brücken über die Elster (eine 45 Tonnen, und eine 25 Tonnen Brücke) zwar die erforderlichen Materialien wie 100 Meter Festholz angeliefert wurden, aber die Fertigstellung an der Lieferung von Stahl und Eisen erheblich leidete. Die Brücken wurden aber trotzdem in einer provisorischen Form fertiggestellt. Insgesamt sollten vier Brücken die Elster überqueren.

Am 18.12.1944 wird in einem Schreiben hervorgehoben, dass nach Inbetriebnahme des Werkes 1 m³ Wasser/Sekunde aus der Weißen Elster benötigt wird. Das Einlaufbauwerk für die Wassergasanlage soll in der Achse von Stollen 3 verlaufen.

Ab dem 22. Dezember sind endlich die zwei fahrbaren und die zwei stationären Kompressoren für die Druckluftversorgung der Stollenvortriebarbeiten im Untertagebetrieb der U-Verlagerung C1e installiert und einsatzbereit. Zeitgleich wurde auch die Stromversorgung mit Freileitungen und Trafostationen fertig und somit ebenfalls einsatzbereit. Verantwortlich für das Baustromnetz war die Firma Siemens Schickert aus Plauen im Vogtland. Insgesamt wurden 44.000 Meter wasserdichte Kabel verschiedenster Ausführungen und Querschnitte rund um „Schwalbe 5“ verlegt.

Silvester 1944 waren alle Pressluftleitungen zwischen den Kompressoren vor den Stollenmundlöchern und den Örtern verlegt worden, so dass von nun ab der Stollenvortrieb erheblich schneller voran gehen konnte.


Riesige Hallen unter Tage


Neujahr 1945 begannen die Planungen für den sogenannten Kompressorraum. Damit die provisorischen Kompressoranlagen vor den Mundlöchern auch bombensicher untergebracht werden konnten, sollte oberhalb der Südstollen ein zentraler Kompressorraum in der Steilwand entstehen. Der Kompressor-Stollen sollte eine Länge von 10,5 und eine Breite von 3 Metern erhalten. Gebaut wurde er allerdings nie. Bis Mitte Februar 1945 wurden über 1,5 Kilometer Flanschrohrleitung mit einem Durchmesser von 100 Millimetern als Druckluftversorgung aller Stollenvortriebe am Südhang verlegt.


Mit einer Produktionsfläche von 40.000 m³ sollte die U-Verlagerung Schwalbe 5 die Größte ihrer Art werden. Aus dem Protokoll der Baubesprechung vom 26. Februar geht hervor, dass das H-Werk mittels mehrerer Schächte auf dem Stollensystem bewettert werden sollte. Die Schächte sollten bergmännisch von der Bergkuppe aus abgeteuft werden und einen Durchmesser von einem Meter erhalten. Doch bis auf einige Probebohrungen wurde nicht mehr mit den Abteufarbeiten begonnen. Der Vortrieb der Hangstollen wurde mittels Sprengungen durchgeführt. Siehe hierzu auch die anderen Berichte über Untertage-Verlagerungen in Stollenneubauten auf unserer Seite.

Der Abraum aus den Stollen wurde zur Aufschüttung der Schmalspurgleise vor den Stollen genutzt. Da das heraus gesprengte Gestein relativ dunkel war, wurde in diesem Fall auf eine Tarnung der Halden durch eine Farbbeimischung, wie es zum Beispiel bei der U-Verlagerung Basalt durchgeführt wurde, verzichtet. Der Vortrieb der Stollen wurde im Dreischichtbetrieb durchgeführt, wobei jeweils 80 Häftlinge je Untertage-Schicht pro Stollen im Einsatz waren. Die Arbeiter waren größtenteils in den Stollen 3-17 der U-Verlagerung eingesetzt. Die Sprengarbeiten und die schwierige Arbeit wurde von den deutschen Bergarbeitern durchgeführt und beaufsichtigt, bevor die ungelernten Kräfte, in diesem Fall die Zwangsarbeiter, hier weiterarbeiten konnten, bzw. mussten. Die Arbeiten der Zwangsarbeiter bestand im Wesentlichen darin, die Stollen von dem frisch gesprengten Abraum zu befreien. Dazu wurde einige Stahlplatten auf der Stollensohle verlegt, damit der Ausbruch besser in die bereitgestellten Loren aufgeladen werden konnte.


Alte Gestänge im Stollen 16


Stollen vorgesehen für die Kontaktmasse der Geilenberganlage C1e


Am 13. Februar 1945 trafen 350 amerikanische Kriegsgefangene in Berga ein. Sie stammten von dem Lager „Stalag IX-B“ in Bad Orb.  Die Amerikaner kamen zunächst im ehemaligen Arbeitsdienstlager am Eulaer Weg unter. Auch sie mussten auf der Baustelle Schwalbe 5 beim Vortrieb der Stollen arbeiten. Mit den anderen Häftlingen, welche aus dem Hauptlager Buchenwald stammten, hatten die Amerikaner keinen Kontakt.

Aus einem Schriftstück geht hervor, dass auf dem Bauvorhaben Schwalbe 5 insgesamt knapp 2.000 Häftlinge zur Zwangsarbeit eingeteilt wurden. Ab November 1944 wuchs die Zahl der Häftlinge stetig. Es waren ausschließlich Männer. Sie kamen aus Polen, Frankreich, Holland, Rumänien, Tschechien und Deutschland. Auch einige Soldaten und Juden waren darunter. Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Häftlinge waren wie immer menschenunwürdig und grausam. Auch in dem Konzentrationslagern von Schwalbe 5 war die Behandlung der Gefangenen unmenschlich. Die Verpflegung war wie in jedem anderen KZ auch, schlecht und unzureichend. Insgesamt starben zwischen November 1944 und April 1944 über 300 Häftlinge in den Lagern von Schwalbe V. Zum eigentlichen Lageralltag möchte ich mich hier nicht weiter auslassen – siehe dazu auch den Bericht über die U-Verlagerung Rebhuhn. Link


Am 12. April 1945 wurde die Baustelle „Schwalbe V“ offiziell geschlossen. Die Lager wurden aufgelöst. Ein Großteil der Akten und Pläne wurden verbrannt und der Maschinenpark abtransportiert. Vier Tage später, am 16. April besetzte die 89. US-Infantrie-Division die Stadt Berga und somit auch die Schwalbe-Baustelle an der Elster. Nach gründlicher Erkundung gaben die US-Streitkräfte am 01. Mai die Anlage Schwalbe frei für die Abwicklungsabteilung der Montanblock Baustab GmbH. Am 12. Juni 1945 verließen die Amerikaner Berga und die Rote Armee übernahm 3 Wochen später das Gebiet rund um die kleine Stadt an der Elster. Am ersten Oktober ging das ehemalige Betriebsgelände „Schwalbe 5“ wieder in den Besitz der Stadt Berga über. Ein Jahr später, im Oktober 1946 wurden fast alle Stollenmundlöcher gesprengt. Im Rahmen der Sprengungen der Schwalbe-Stollen wurden auch einige Häuser in der näheren Umgebung in Mitleidenschaft gezogen und teilweise schwer beschädigt. Silvester 1946 wurde auch die Abwicklungsabteilung aufgelöst, so dass das Gelände wieder in eine landwirtschaftliche Nutzung übergehen konnte...


Unfertige untertägige Halle - geplant für den Einbau der unterirdischen Gasometer der U-Verlagerung


Befahrer in der geplanten Lagerkammer für die Fertig-Treibstoffe des Geilenbergprogramms


Vier Besucher aus Nord-Rhein-Westfalen und ein (fast, aber eben nicht ganz) Einheimischer erlebten an einem sonnigen Frühlingstag live und in 3D die Bilderbuch-Deutschland-Folge  Nr 7 „Unterwegs im Thüringer Wald“. Der „fast nur“ Einheimische erklärte uns, den Bunkersportlern aus NRW, dass die heutige Exkursion wahrscheinlich nur „übertägiger“ Natur sei und dass es keinerlei Möglichkeit zur Befahrung der U-Verlagerung „Schwalbe V“ geben würde.  


Wandergruppe NRW und ein Sachse vor dem Stollenmundloch der U-Verlagerung Schwalbe 5


Wir verweilten gerade auf einen kleinen Snack an der Elster bis Irgendwer von einer Hangerkundungstour zurück kam und erzählte er hätte einen Eingang gefunden. Plötzlich wurde es still in unserer Gruppe. Eine Pizza Sucuk nach einer durchzechten Konzertnacht früh morgens am Wuppertaler Hbf hat ein längeres Haltbarkeitsdatum, als die Pause nach dieser Information. Schon 47 Sekunden später  war das Team im Schwalbe-Stollen verschwunden und praktizierte den Namen ihrer Internetseite. Aus der Kurzexkursion wurde eine Tages ausfüllende Tour. Wir entdeckten auf der ehemaligen Arbeitsebene vor den Stollen zahlreiche Relikte in Form von Maschinenfundamente, Rohrleitungen und jede Menge Beton im Wald. Auch unter Tage war die Untertageverlagerung eine Augenweide, zumindest für uns, besonders für mich – denn gerade ich habe mich ja auf die Relikte des MÖSP spezialisiert. Wir entdeckten zum Beispiel in Stollen 5 wunderbare Sintergardinen, einen (Blind-) Schacht und schöne Gestänge der Lorenbahn. Um Stollen 11 zu Befahren musste man sich vorher entweder in einen Salamander oder in ein kleines nachtaktives Säugetier verwandeln, um den Fledermausschluf passieren zu können. Stollen 13 war nicht ganz so spektakulär, denn irgendwie hatte irgendwer extra für uns die Tür aufgeschlossen und wir konnten aufrecht einfahren. (Danke)

Zu guter Letzt muss ich hier noch erwähnen, dass Stollen 14 zur Zeit nicht mehr befahrbar ist, wobei unser Lampe nach der Erkundung seinen neuen Namen „Kaltverformer“ von mir verpasst kam. Natürlich ist das alles Blödsinn, oder auch nicht. Wer weiß das schon so genau.


Zum Schluss noch eine kleine Bemerkung meinerseits:

Auch die U-Verlagerung „Schwalbe 5“ wird immer wieder mal in Dokus über sogenannte Bernsteinzimmerjäger erwähnt. Auch hier vermuten die „Forscher“ das legendäre Bernsteinzimmer. In regelmäßigen Abständen tauchen unsere „Experten“ in den Medien auf und vermuten immer weitere unentdeckte Stollen und Kammern rund um die U-Verlagerung. Frei nach einem Zitat unserer Wuppertaler Lokalprominenz, die ich hier mal kurz Zitieren möchte: „es wurde ja nirgends wo anders gefunden – also muss es ja hier sein“ werden immer wieder Probebohrungen und ähnlicher Quatsch durchgeführt, um die hinteren Stollensysteme, oder die unteren 7 Sohlen zu finden. Hahaha... Das ist natürlich großer Unsinn. Die U-Verlagerung „C1e“ besteht heute NUR aus einem unfertigen Stollenneubau ohne Geheimnisse, ohne doppelten Boden, ohne Glocken, dafür aber mit einem nicht kleinen Gefahrenpotential. Auch die Magie eines David Copperfield kann da heute kein Bernsteinzimmer hinein zaubern...


Dieser Bericht wurde von Eismann erfunden und zwischen Mai und Dezember 2012 niedergeschrieben. Grundlegende Informationen und Daten wurden aus dem Buch „Schwalbe V“ und aus dem „Weißen Ordner“ aus Eismanns Privatarchiv entnommen. Gesponsert wurde dieser Bericht mal wieder von: Niemand. Alle Beteiligten mussten sich ihre Getränke selber kaufen. Die Fotos wurden von den Kameras der jeweiligen Fotografen aufgenommen.


Danke an Axel (Team-Bunkersachsen) und an den Bergaer Heimat- und Geschichtsverein.











© u-verlagerungen.de, 2012 / 2019