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U-Verlagerung "Lanzettfisch"


Eine weitere geplante Untertage-Verlagerung im Thüringer Schiefergebirge befand sich in der Schiefergrube "Blaues Glück". Wir waren vorletzte Woche mal wieder vor Ort und haben ein paar neue Fotos gemacht, so dass dieses Bergwerk mal wieder erneut in meinen Bewusstsein stecken blieb und unbedingt veröffentlicht werden wollte. Okay, hier der neue kleine Bericht darüber:


Wandertag im Thüringer Wald


Bergauf im Schiefergebirge


Vorbei an gewaltigen Halden


Pause an der Hütte auf der Halde


Befahrung - Glück Auf!


Das Schieferbergwerk "Blaues Glück" nahm um 1870 herum seinen Betrieb auf. Im Jahre 1888 tauchte zum ersten Mal der Name "Blaues Glück" in einer geologischen Karte von dem Gebiet auf. Betreiber des Schieferbergwerks, welches Anfangs noch als Tagebau betrieben wurde, war Carl Grosser. Ab der Jahrhundertwende ging man zum Tiefbau über. Im Jahre 1909 wurden in dem Bergwerk, welches nun von den Gebrüdern Grosser aus Gabe Gottes betrieben wurde, 48 Arbeiter und eine Frau, welche wohl Köchin in dem Betrieb war, gemeldet, bzw. gelistet. Die ersten beiden Tiefbausohlen der Schiefergrube waren nicht sonderlich groß und lieferten nur wenig Schiefer. Schuld daran waren mehrere Verwerfungen und tektonische Störungen des Schiefergebirges. Im Jahre 1903 wird die dritte Sohle angefahren und über 20 Jahre intensiv abgebaut. In den besten Jahren (1936/1937) der Schiefergrube belief sich die Förderung von Dachschiefer und Wandschiefer auf rund 700 Tonnen pro Jahr. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges war die sehr abgelegene Grube ungewöhnlich stark von den kriegsbedingten Einschränkungen betroffen. Fast das gesamte Fördergerät wurde beschlagnahmt und die meisten Arbeiter zum Kriegsdienst einberufen. Im Jahre 1944 waren nur noch vier Mann in dem Bergwerk "Blaues Glück" beschäftigt, welche allerdings weiter zielstrebig mit dem Einrichten der vierten Abbausohle beschäfigt waren. Die obersten drei Sohlen waren durch einem Stollen am Berghang zu erreichen, doch die neue Abbausohle 4 war nur unter Tage durch einen tonnlägigen Schacht zu erreichen. In der vierten Sohle wurde noch weiterhin Schiefer gewonnen, so dass für die mögliche Industrieverlagerung nach unter Tage im Jahre 1944 schon fünf offene Hohlbaue vorhanden waren. Doch dazu später mehr. Nach dem Krieg, im Juni 1945, wurde der Grubenbetrieb wieder in vollem Umfang aufgenommen. Im Jahre 1953 wurde ein Schrägschacht unter Tage zur fünften Sohle aufgefahren. Ein neues Schieferlager wurde erkundet und ein neuer tiefer Stollen aufgefahren. Dieser neue Stollen hatte eine Bauzeit von über sechs Jahren, war über drei Kilometer lang und diente vornehmlich zur Entwässerung der Schiefergrube "Blaues Glück". Das Bergwerk war noch bis zum Jahre 1959 in Betrieb. Der Tiefe Wasserlösestollen ist heutzutage immernoch aktiv und dient zur Trinkwasserversorgung der Bevölkerung. Siehe nächstes Foto:


Tiefer Stollen


Untertage-Verlagerung Deckname Lanzettfisch

Zusammen mit den beiden Gebrüdern Grosser, welchen das Schieferbergwerk "Blaues Glück" gehörte, wurde die Grube im Sommer 1944 ausgiebig erkundet. Das Rüstungsamt wollte erörten, inwiefern die untertägigen Hohlräume für eine Rüstungsproduktion geeignet waren. Die erste und
die zweite Sohle waren verbochen. In der dritten Sohle ruhte die Schiefergewinnung und es waren 18 offene Hohlräume vorhanden. Diese Thüringer Hohlbaue hatten eine Grundfläche von etwa 300 Quadratmetern, eine Höhe von 20 Metern und waren hervorragend zum Einbau einer Untertage-Verlagerung geeignet, zumal auch diese Abbausohle auch gut durch einen Stollen zu erreichen waren. Die vierte Sohle war nur durch einen untertägigen, 40 Meter langen Bremsberg zu erreichen und fiel somit vorerst aus. Pressluft und Starkstrom waren ebenfalls vom Grubenbetrieb her vorhanden. Die Stollenstrecken in dem Bergwerk hatten eine Breite von 3,5 Metern und eine Höhe von 2,2 Metern und waren hervorragend für den Transport unter Tage geeignet. Das Deckgebirge von über 50 Metern Gestein wurde als ausreichend gegen die Einwirkung von Bomben angesehen. Obwohl das Gebirge als "standfest" eingestuft wurde, war der weitere Ausbau der Hohlbaue nicht mehr vorgesehen. Das Personal sollte in Gebäuden der Gebrüder Grosser untergebracht werden. Der einzige Negativpunkt war, dass dieses Bergwerk am Arsch der Welt lag und nur über einen kleinen Waldweg zu Erreichen war. Die nächste Bahnlinie lag gut 2.400 Meter entfernt und 400 Meter tiefer im Tal. Doch Dieses stellte keinerlei Problem dar, so dass die Grube "Blaues Glück" am 1.August 1944 vom RMfRuK beschlagnahmt und gesperrt wurde. Am 12. August 1944 wurden die unterirdischen Hohlbaue vom Reichsministerium für Rüstung und Kriegswirtschaft für die Firma Bruhn zur unterirdischen Rüstungsfabrik unter dem Decknamen "Lanzettfisch" zugewiesen. Baunummer der U-Verlagerung "Lanzettfisch" war die Nummer 144. Auf 2.500 Quadratmetern Produktionsfläche sollte die Firma Bruhn aus Schalkau, einem Zweigwerk der Hauptstelle Bruhn-Werke in Berlin-Schöneberg, Eisenacher Strasse 56, Flugzeugteile wie Kleingetriebe und Ähnliches bombensicher in dem Bergwerk herstellen. Die Firma Bruhn Flugzeuggeräte hatte das Herstellerkürzel "ild" und gehörte als kriegswichtiger Zuliefererbetrieb dem Jägerstab an. Soweit die Planung. Doch die Realität sah anders aus. Die Baustelle der U-Verlagerung wurde zwar ab Anfang Dezember 1944 einige Male durch Mitarbeiter der Bruhn-Werke besucht, wahrscheinlich sind auch einige Arbeiten zur Vorbereitung zum Umbau zur Untertage-Verlagerung durchgeführt worden, aber zum eigentlichen Umbau, bzw. Ausbau zur unterirdischen Fabrik ist es nie gekommen...


Stollenmundloch der dritten Sohle


Förder,- und Wasserlösestollen der Schiefergrube Blaues Glück


Absatzbecken vor dem Stollenmundloch


Blick in einen Thüringer Hohlbau


Immer wieder finden wir alte Schuhe unter Tage


Schuh...


Strecke im Schieferbergwerk Blaues Glück


Tagesöffnung in einen Tagebau - ein guter Ort für eine Pause


In den Stollen sind noch die Abdrücke der Gestänge zu sehen


Blaues Glück, orangenes Glück, weißes Glück, buntes Glück!


Lecker Saalfelder vor dem Stollenmundloch - Prost!


Zurück zur Realität. Herbst 2024, wir sind nach acht Jahren Pause mal wieder vor Ort und erkunden das Gelände. Viel hat sich nicht verändert. Die Stollenmundlöcher der beiden oberen Sohlen sind nachwievor nicht auffindbar. Die Sohlen 1 und 2 sind wie damals auch schon nur über einen versteckten Tagebau zu erreichen und noch viel mehr verbrochen, als noch vor acht Jahren. Das Stollenmundloch der dritten Sohle ist immernoch offen. Die Bergsicherung (oder wer auch immer) hat nur drei weitere Querstangen eingebaut, so dass der Stollen eigentlich noch genausogut zu Befahren war, wie damals. Er entwässert immernoch, genauso wie der tiefe Stollen der Grube Blaues Glück. Die Hütte auf der Halde ist auch noch vorhanden, nur der Wald ist ein wenig lichter geworden, genauso wie die Haarpracht einiger unser Befahrer. Wat willste machen? Es war auf jeden Fall mal interessant, mal wieder vor Ort gewesen zu sein. Unterwegs waren diesmal Onkel Tom, Svenska, Motte und Eismann. Alle Fotos stammen von Eismann, geschossen 2024 und 2016. Dieser kleine Bericht wurde von Eismann am 02.10.2024 geschrieben. Danke und Glückauf an alle, die dabei waren. Auf ein leckeres Saalfelder Bier - das beste Bier der Welt.



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